Südafrika – Reisen mit Sinn

Die DAKTARI Bush School & Wildlife Orphanage am Rande des
weltberühmten Krüger-Nationalparks in Südafrika bietet Volontären die einzigartige Möglichkeit, Schulkinder dafür zu begeistern, ihre Umwelt zu lieben und zu schützen.

Text: Isabel Doppelreiter

Foto: Seit 2006 konnten auf DAKTARI bereits mehr als 4.000 Kinder unterrichtet werden.
Foto: Seit 2006 konnten auf DAKTARI bereits mehr als 4.000 Kinder unterrichtet werden.

Als ich zum ersten Mal den Namen ­DAKTARI bei einer meiner unzähligen ­Afrikareisen höre, muss ich sofort an die Fernsehserie denken. Wahrscheinlich ­haben nämlich Judy, die Schimpansen­dame, und der schielende Löwe Clarence immens dazu beigetragen, dass ich überhaupt diesen Drang entwickelt habe, dieses Land so oft und ausgiebig zu bereisen.
Das DAKTARI, das ich später kennenlernen darf, ist aber alles andere als nur im Fernsehen. Eingebettet in den afrikanischen Busch, finde ich zwischen ­Marula- und ­Jacaranda-Bäumen, die begehrten Schatten spenden, ein kleines Camp. Umringt von sechs Hektar wildem Buschland, Büffeln, Impalas, Giraffen und Gnu-Herden, lebt man hier ein Leben wie einst schon Dr. Marsh Tracy als Daktari – auf Swahili ist das das Wort für „Arzt, Doktor“ – in der Serie unserer Kindheit.

Pflegemutter Isabel mit der wenige Tage alten Rappenantilope Mitsouko.

Die zahmen Klippschliefer Bubba, Popcorn und Caline stehlen einem das Essen vom Teller, wilde Bushbabys springen von einem Dachbalken zum anderen. Der kleine Warzenschweinbub Boris verzaubert mit seinen Fußball-Allüren. Kai, das Eichhörnchenbaby, ruft lautstark alle drei Stunden nach seiner Milch und auch all die anderen Tiere, die entweder zum Aufpäppeln gebracht werden oder Bewohner auf Lebenszeit sind, verlangen spannende 16-Stunden-Tage von allen Anwesenden.

Man trifft sich um halb sieben zum morgendlichen Kaffee in der gemeinsamen Lapa, dem Zentrum der kleinen solarbetriebenen Anlage. In dieser ruhigen Morgenstunde werden sämtliche Aufgaben des Tages verteilt. Jeder packt mit an, seien es Michèle und Ian, die Gründer von DAKTARI, die wenigen Angestellten oder die internationalen Freiwilligen, die meist für durchschnittlich drei Wochen am Stück Teil dieses einzigartigen Lebens im afrikanischen Busch sein möchten. Umgerechnet 500 Euro kostet eine Woche auf DAKTARI, inklusive Unterkunft in einem Rondavel mit jeweils drei Betten, drei Mahlzeiten pro Tag (auch vegetarisch und vegan ist möglich), Tee, Kaffee und Wasser, das durch das lokale Bohrloch Trinkwasserqualität hat.

Auch Warzenschweinbabys wollen frühstücken.

Je länger man bleibt, desto günstiger kommt einen die Woche, und sollte man sich sogar dazu entschließen, länger als neun Monate zu bleiben, ist der Aufenthalt kostenlos.

Die meisten kommen, um unterprivilegierte Kinder aus den lokalen Gemeinden zu unterrichten. Jeweils acht Kinder bleiben Montag bis Freitag ebenfalls im Camp und werden unter anderem in den Bereichen Umwelt- und Tierkunde, Jobmöglichkeiten, Public Speaking und Recycling unterrichtet. Die frühen Vormittage und späteren Nachmittagsstunden werden voll und ganz den Tieren gewidmet. Gemeinsames Ausmisten und Füttern fördert den Zugang der Kinder zu Afrikas Tierwelt. Ich habe hier noch kein Kind erlebt, das nicht über das ­ganze Gesicht strahlt, wenn Tiki, das Erdmännchen, ihm in Sekundenschnelle jegliche Scheu nimmt. Seine eher aufdringliche Art, Streicheleinheiten zu erhaschen, lässt jedes Herz schmelzen.

Ich entscheide mich gegen eine Lehrertätigkeit im Klassenzimmer und schenke meine gesamte Aufmerksamkeit den vierbeinigen Bewohnern DAKTARIS. Ich a­ssis­tiere jedoch regelmäßig bei der Interaktion der Kinder mit den Tieren, und es ist unglaublich schön, beobachten zu können, wie sich der Zugang zu den Lebewesen ihres Landes mit jedem Tag verbessert und verändert.

Die Instandhaltung aller Gehege und die Pflege der teils verletzten Tiere ist bei fast 40 Grad im Schatten anstrengend und kräfteraubend. Der belohnende Aspekt überwiegt jedoch zweifellos.

Bubba & Caline erhaschen Streicheleinheiten.

Frühstück mit Eichhörnchen.

Die Erfahrungen meiner etlichen Afrikareisen werden gebündelt benötigt, als wir ein zwei Tage altes Rappenantilopenbaby, das von seiner Mutter verstoßen wurde, zur Aufzucht bekommen. Innerhalb kürzester Zeit werde ich Mama und meine Tage werden von den Fütterungsintervallen, der richtigen Temperatur des Fläschchens, zahllosen Liebkosungen und Muskeltrainings für die noch staksigen Beinchen bestimmt. Die wenige Zeit, die dazwischen bleibt, wird von allen anderen Vierbeinern oder geflügelten Bewohnern in Anspruch genommen. Um allen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen, braucht es kreative Ideen, die den Alltag durch Futterspiele, Ablenkung und Spiel spannend und ausgiebig gestalten.

Dieses kleine Refugium, nur eine Stunde vom Krüger-Nationalpark entfernt, ist ein bunter, fröhlicher Mix aus allen Kulturen und Sprachen, wo man nicht nur sein eigenes Alter vergisst und Freunde fürs Leben findet, sondern auch abseits aller westlichen Luxusgüter ganz schnell und ganz intensiv zu sich selbst finden kann.

Wenn man abends die unzähligen Geräusche des afrikanischen Busches in sich aufsaugt und bei einem kühlen Glas Wein der Sonne beim Untergehen zusieht, erfüllt einen das schöne Gefühl, etwas dazu beigetragen zu haben, dass unsere Welt morgen ein kleines bisschen besser ist.

Banchee, das Thickertail-Bushbaby, hat auf DAKTARI sein Zuhause gefunden.

Die Geschichte von DAKTARI

Michèle, eine gebürtige Französin, und Ian, ursprünglich aus Simbabwe, treffen einander, als Michèle ihren Traum verwirklicht und eine Reise nach Südafrika unternimmt. Zwischen den beiden entwickelt sich eine Liebe, die stärker nicht sein kann – wie zwei Löwenherzen in einer Brust. Recht rasch wird geheiratet, und während sie gemeinsam verwaiste Löwen-, Elefanten-, Antilopen- und Gepardenbabys für verschiedene Farmen aufziehen, wächst der unbändige Wunsch, eine eigene Wildtierauffangstation zu gründen. Doch wie fast immer im Leben, muss zuerst eine Möglichkeit gefunden werden, um genug Geld dafür zu verdienen.

Die beiden eröffnen ein Restaurant in Hoedspruit, der kleinen Stadt am Rande des Krüger-Nationalparks, und kümmern sich weiterhin um verwaiste Tierkinder. Und auch Thabo, ein damals zwölfjähriger Bub, findet bei Ian und Michèle Zuneigung, Liebe und ein neues Zuhause. Schon bald erkennen die beiden Abenteurer, dass Thabos Verständnis der afrikanischen Wildnis gegenüber wächst, sein Interesse erwacht und es entwickelt sich seinen Wunsch, sein Afrika besser zu machen und mehr Einklang mit der Natur zu suchen. Der Traum, eine Wildtierauffangstation zu gründen, erweitert sich nun um den Wunsch, auch eine Schule zu eröffnen. Eine Schule, die den Kindern Afrikas ihr Land, ihre Natur und ihre Wurzeln wieder näherbringt.

2006 ist es dann so weit, und mit der Hilfe von Sponsoren, hart erarbeitetem Geld sowie vielen internationalen Freiwilligen konnten seit 2006 mehr als 4000 Kinder in DAKTARI unterrichtet werden. Zudem wurden unzählige Tiere hier gesund gepflegt, wieder in die freie Wildbahn entlassen oder haben hier ein Zuhause auf Lebenszeit gefunden.

Mehr Infos unter www.daktaribushschool.org